Mein Onkel
Mein Onkel – der Bruder meiner Mutter – berichtet:
Ich bin der „böse Onkel“ und Nathalie kenne ich familienbedingt schon immer. Wir haben im Krankenhaus viel zu oft Geschichten gelesen, meterweise Papier bemalt und gebastelt. Viele Brettspiele gespielt, die Nathalie liebte. Sie hat mir in der Kinderklinik beim Spazierengehen erklärt, wer wo und warum in welchem Zimmer liegt. So traurig das oft auch war ließ sie sich nie unterkriegen. Wahrscheinlich hat sie dort schon ihren Dickkopf ausgeprägt und über die Jahre hin verfeinert.
Im Gegensatz zum Rest der Familie hat mich ihre Krankheit nur wenig beeinflusst. So habe ich das kleine kranke Mädchen nicht in Watte gepackt – so wie manch andere. Im Gegenteil! Mein Hintergedanke war, sie auf „die Welt da draußen“ vorzubereiten: „Da interessieren sich nur wenige für deine Krankheit.“ Darum bin ich auch der „böse“ Onkel. Ich war immer etwas strenger, egal um was es ging. Mathe lernen, Mittagessen aufessen und vieles mehr. Ich habe sie dennoch ganz doll lieb, genauso wie sie ist. Auch wenn es früher oft zu Diskussionen kam, weiß sie jetzt, warum ich so war. Bezüglich ihrer Krankheit wollte sie nie ein Aufsehen erregen. Sie hat sich dadurch auch nie einschränken lassen. Ob Freizeit oder Sport – je wilder desto besser.

Nathalie meistert ihr Leben tadellos und steht ihre Frau. Auch wenn die Krankheit manchmal versucht, ihr einen reinzuwürgen, dann duckt sie sich und schlägt eben doppelt so stark zurück.
Stur. Dickköpfig. Und verdammt Stark mit viel Durchsetzungsvermögen, das ist meine Nichte.