Ein holpriger Start ins Leben
Anna und Jan haben als Eltern von Len schon viel erlebt, geschafft und gemeistert. Len kam als Frühchen auf die Welt. Sein Dünndarm musste wegen einer schweren Infektion fast komplett operativ entfernt werden. Eine lange Zeit im Krankenhaus und weitere Operationen waren notwendig, damit er auch dank eines Katheters nach Hause durfte – und seitdem dort nachts parenteral ernährt wird.
Seine Eltern Anna und Jan haben dafür viel von Ärzten, Krankenschwestern und der Patientenbegleiterin von Fresenius Kabi Homecare gelernt, damit Len mit seinem Ultra-Kurzdarmsyndrom ein möglichst normales Leben führen kann – ohne allzu große Einschränkungen für ihn und die Familie. Jetzt kommt der mittlerweile Zweijährige in die Kita.
Anna und Jan wollen mit ihrer Geschichte anderen Eltern und Familien Mut machen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Denn auch ihnen hat der Gedanke sehr geholfen, dass sie nicht alleine sind.
Parenterale Ernährungstherapie: Vom Babyalter an lebensunterstützend
Herzlichen Dank an Sie, Anna, dass Sie uns die Geschichte Ihrer Familie näherbringen. Wie fing alles an?
Das mache ich gerne. Wir waren bei meinen Schwiegereltern in Dresden, als ich einen vorzeitigen Blasensprung hatte. Ich bin dann dort im Krankenhaus stationär aufgenommen worden und in der 27. Schwangerschaftswoche musste Len per Kaiserschnitt geholt werden. Er war ein gesundes kleines Frühchen und kam in den Inkubator. Doch zwei Wochen nach der Geburt hatte er eine schwere Infektion, sein Bauch war aufgebläht.
Was haben die Ärzte so kurz nach seiner Geburt bei Len festgestellt?
Sie haben nachgeschaut und leider eine nekrotisierende Enterokolitis entdeckt. Das heißt, die Infektion hat sein Dünndarmgewebe abgetötet. Sein Zustand war sehr kritisch. Bei einer zweiten Operation wenige Tage später haben sie seinen gesamten Dünndarm bis auf etwa 5 Zentimeter entfernt. Gut war, dass der Dickdarm erhalten blieb. Die Diagnose nennt sich Ultra-Kurzdarmsyndrom.
Das war bestimmt schwierig für Sie alle. Wie ging es nach dieser Diagnose weiter?
In einer weiteren OP erhielt Len einen künstlichen Darmausgang und von diesem Zeitpunkt an musste er auch schon künstlich ernährt werden, und zwar 24 Stunden am Tag. Wir durften nicht die ganze Zeit bei ihm in der Intensivstation sein und so sind wir erstmal bei meinen Schwiegereltern eingezogen.
Hat er während dieser Zeit nur die parenterale Ernährung bekommen?
Er wurde per Magensonde ernährt, die durch die Nase gelegt worden war. Und weil sein Darm das bisschen, was durch die Nasensonde kam, nicht verarbeiten konnte, wurde er auch parenteral ernährt. Er hat mehrere Operationen mitgemacht und eine schwere Sepsis, also Blutvergiftung, bekommen. Das war hart, zumal er schon ein halbes Jahr im Krankenhaus war. Dennoch hatten wir ein Highlight, als wir mit ihm zur Hochzeit meiner künftigen Schwägerin durften; Len war dabei an Schläuchen und Infusionen angeschlossen. Nach sieben Monaten und fünf Tagen ist er endlich aus der Frühchen-Intensivstation in Dresden entlassen worden, ohne Infusion und ohne Schlauch, er hatte ja noch die Nasensonde. Dann konnten wir endlich nach Hause, nach Berlin.
Ist er danach nur mit der Nasensonde ernährt worden?
Nicht ganz, er hat schon Brei gegessen. Aber er musste dauerhaft eine spezielle Milch bekommen und Medikamente und Vitamine, alles Mögliche, was in so einer Infusion ist. Er brauchte diese Nasensonde und wir mussten ihn auch nachts darüber ernähren, damit er genug Kalorien erhält. Einmal nach einem Magen-Darm-Virus hat er in drei Tagen direkt 500 Gramm abgenommen, da musste er wieder auf die Intensivstation.
Was wurde Ihnen von den Ärztinnen und Ärzten geraten?
Es hieß dort: „Wir empfehlen Ihnen, einen Katheter zu implantieren.“ Da waren wir regelmäßig in der Kurzdarmsprechstunde der Charité, wo wir immer noch sind. Auch eine Port-Magensonde sei sinnvoll, weil Nasensonden eigentlich nur für den Übergang sind. Das haben wir nach umfassender Beratung beides gemacht. Es hat ihm sehr gutgetan. Seine Stuhlsituation wurde besser, er hat nicht mehr erbrochen. Es ging richtig voran.
Wie haben Sie sich fit gemacht oder machen lassen, um Len komplett zu versorgen?
Also der Start waren im Grunde schon die Krankenhausaufenthalte. Wir haben uns vieles von den Schwestern abgeschaut und erklären lassen. Als er den Katheter bekommen hat, wollten wir dann alles selbst machen, was mit der Infusion zu tun hat. Toll war, dass unsere Patientenbegleiterin von Fresenius Kabi Homecare direkt am Tag der Entlassung von Len zu uns nach Hause kam. Sie hat uns drei Stunden alles erklärt. Auch die Nahrung wurde schnell geliefert.
Und wie hat das im Alltag mit der parenteralen Ernährung geklappt?
Mein erster Gedanke war: „Wie sollen wir das bloß schaffen? Es ist so eine große Verantwortung!“ Aber wir waren froh, wieder zu Hause zu sein. Am Anfang hat unsere Patientenbegleiterin geholfen und wir haben zugeguckt, danach war es andersherum. Schon nach wenigen Tagen konnten wir Len selbst an- und abkoppeln von der parenteralen Ernährung, die er nur noch zwölf Stunden und nicht mehr rund um die Uhr brauchte. Auch eine Nachsorgeschwester vom Kinder-Gesundheitshaus stand uns bei allen pflegerischen und bürokratischen Fragen zur Seite.
Wir möchten ein möglichst gutes, normales Leben führen
Welche Wünsche hatten Sie an die Versorgung?
Unser einziger Wunsch war, dass Len sich gut entwickeln kann. Dass er trotzdem ein glücklicher Junge wird und wir ein normales Leben führen können.
Wie haben Sie das mit Ihren Jobs gemacht?
Jan war zur Zeit der Geburt von Len ohne Arbeit. Er hat sich deshalb erst später einen neuen Job gesucht und da war seine Voraussetzung, dass er komplett flexibel ist und im Homeoffice arbeiten kann. Ich habe mein eigenes Online-Business ausgebaut.
Len ist jetzt zwei Jahre alt, ist die Kita schon eine Option für ihn?
Ja, er startet bald mit der Kita. Die ist direkt auf der anderen Straßenseite von uns. Es wird eine integrative Kraft für mehrere Stunden in der Woche für ihn in die Kita kommen. Wir haben auch ganz viel erklärt und erzählt in der Kita über Lens Krankheit, den Katheter, seinen Stuhlgang, Durchfall und mehr. Wir wollen ja ein gutes Gefühl dabei haben. Sein erstes Frühstück, die Spezialmilch, wird er hier zu Hause bekommen, das Breifrühstück dann in der Kita und später dort auch Snacks wie Reiswaffeln oder Maisflips. Das Gute ist wirklich, dass die Kita genau gegenüber ist und wir schnell hingehen können, falls was sein sollte.
Wie anstrengend ist es für Sie als Eltern heute?
Len ist ein superlieber Junge, sehr umgänglich und er schläft schon immer gut. So bekommen wir genug Schlaf, auch wenn wir ihn nachts noch wickeln, aber das bekommt er teilweise gar nicht mit. Und wenn er jetzt tagsüber in der Kita ist, können wir im Homeoffice arbeiten. Zu seinem Essen und Gesundheitszustand schreiben wir alles auf und führen Tagebuch, um zu sehen, was ihm gut bekommt und was nicht.
Wie sieht seine Ernährung im Augenblick aus?
70 % seines Tagesbedarfs bekommt er als Infusion über die Blutbahn sowie über eine Magensonde, 30 % oral aus der Trinkflasche. Die Menge, die er nachts bekommt, wird etwa 12 Stunden lang gegeben, weil es bei einem Kurzdarmsyndrom besser ist, wenn er durchgängig beschäftigt ist.
Wann schließen Sie Len abends an die parenterale Ernährung an?
Wir beginnen unsere Abendroutine gegen 19:30 Uhr. So von 20:00 Uhr bis 8:00 Uhr, wenn er schläft, läuft die Infusion. Das ist praktisch, weil er damit nicht mobil wäre und etwa krabbeln könnte. Früher sind wir schon auch mal mit der Infusion spazieren gegangen. Ich mit dem Rucksack, da haben wir die Ernährungspumpe reingepackt, und er saß im Kinderwagen. Der Spiralschlauch ist mehrere Meter lang, das funktioniert richtig gut. Jetzt ist das nicht mehr nötig, weil die Zeit nachts reicht.
Wie aufwändig ist es, ihn anzuschließen?
Wir sind darin sehr routiniert. Die Infusion vorzubereiten, dauert etwa 20 Minuten, das Anschließen dann so 7 Minuten. Ich mache die Kompresse, lege alles bereit, desinfiziere, schließe an. Mit allem Drum und Dran braucht es abends nicht mehr als eine halbe Stunde, das Abkoppeln morgens dauert nur 5 Minuten. Dann kommt noch Pflaster wechseln, das ist durchsichtig, damit wir immer die Einstichstelle sehen.
Die parenterale Ernährungstherapie hilft dem kleinen Len, sein Gleichgewicht zu finden
Wie entwickelt sich Len insgesamt in Ihren Augen?
Im Vergleich zu anderen Kindern ist er entwicklungsverzögert, er war ja auch ein Frühchen. Das Motorische ist noch schleppend, aber nicht eingeschränkt, wir sind dafür in der Physiotherapie. Es wird sich alles entwickeln, aber es braucht Zeit. Er ist noch klein und zierlich, weil er kaum Fettreserven hat. Er kann schon laufen, nur noch nicht das Gleichgewicht halten. Er brabbelt viel, Mama und Papa sagt er schon ganz lange und weitere Wörter.
Wie machen Sie es mit Ausflügen, wenn Sie Ihre Familie besuchen oder reisen?
Das klappt in Deutschland klasse, weil Fresenius Kabi und die von uns ausgewählte Apotheke bundesweit überall hin liefern. Das ist eine große Erleichterung; wir müssen nur die Orte und Termine nennen und so nicht alles selbst mitschleppen. Einmal waren wir mit dem Auto in Tschechien im Urlaub und haben alles für zwei Wochen mitgenommen. Da ist die Planung schon wichtig. Die Abstimmung mit unserer Patientenbegleiterin von Fresenius Kabi Homecare ist super, sie ist immer für uns da.
Was würden Sie anderen Familien raten, die in einer ähnlichen Situation wie Sie sind?
Wichtig ist sicher, sich gegebenenfalls psychologisch betreuen zu lassen. Da sollte man keine Scheu haben. Klar, habe ich mich oft überfordert gefühlt. Bei mir war´s so: Wenn der Moment vorbei war und ich oder wir das gelöst hatten, war es wieder ok. Habt Geduld – es wird besser! Es wird nicht so schlimm bleiben. Holt euch jede Hilfe, die ihr bekommen könnt, und nehmt jede Hilfe an, die euch angeboten wird. Das Krankenhaus hat uns sehr gut informiert, auch über Fresenius Kabi Homecare. Wir möchten ein möglichst gutes, normales Leben führen. Vieles aus unserem Leben habe ich mit Tipps und mehr auch auf meinem Instagram-Account für andere zum Nachschauen und Hoffnung machen festgehalten. Er heißt Annabohm.businessmom.* Darauf habe ich schon viele positive Rückmeldungen bekommen; ich möchte den Familien Mut machen.
Lens Vater Jan teilt sich die Aufgaben mit seiner Frau: „Man wächst als Vater da rein. Anna und ich wechseln uns beim Versorgen von Len ab. Das ist für uns beide besser, weil es schon sehr anstrengend ist, wenn das nur ein Elternteil oder eine Bezugsperson macht. Wir bekommen das ganz gut hin, das ist für alle Seiten schöner.“
Herzlichen Dank Ihnen für das ausführliche und persönliche Interview.
Interview Simone Kaufmann im September 2022, Berlin
*Anmerkung der Redaktion: Der erwähnte Instagram Account ist ein privater Kanal der interviewten Mutter. Fresenius Kabi Deutschland übernimmt keine Verantwortung für die Inhalte des Instagram Accounts.